2022-07-09 Führung durch das historische Breinig

Initiiert von Diana Hofmann führte die Stadtführerin Frau Penner-Mohren durch den historischen Straßenzug in Stolberg-Breinig und erläuterte die architektonischen Besonderheiten.

Besichtigung Alt-Breinig

Alt-Breinig ist bekannt für sein harmonisches Ortsbild mit der homogenen Struktur eines Straßendorfes – Grund genug, uns damit näher zu beschäftigen. Bei herrlichem Sommerwetter trafen sich am Samstag, den 09. Juli 21 Wanderer an der Kirche St. Barbara in Alt-Breinig (coronabedingt mussten mehrere Familien leider in letzter Minute absagen), wo uns schon die Stadtführerin erwartete.

Im Schatten der Kirche begann sie mit einem kurzen geschichtlichen Abriss: das unweit gelegene Kornelimünster an der Kreuzung zweier Römerstraßen ist seit jeher ein wichtiges, überregional bekanntes Zentrum. Karl’s Sohn Ludwig der Fromme hat auch deshalb 814 an der Inde (s)ein Kloster errichten lassen, das schon Mitte des 9. Jahrhunderts reichsunmittelbar wurde und großen Landbesitz erhielt - das heutige Münsterländchen.

Alt-Breinig entstand in der Nähe einer dieser Römerstraßen – aber leicht versetzt dort, wo das anliegende Schiefergestein bis an die Oberfläche kommt und es damit trocken genug zum Bauen ist. Die meisten der heute denkmalsgeschützten Gebäude stammen aus dem 16.- 18. Jahrhundert und lassen noch sehr gut ihre ursprüngliche Struktur erkennen. Es handelt sich dabei um sogenannte Wohnställe – der schmale Giebel zeigt zur Straße, der mittig gelegene Eingang auf der Längsseite führte früher direkt in die Küche – mit einem ständig brennenden Feuer Lebensmittelpunkt der Familien. Über eine Metallplatte rückwärtig in der Feuerstelle wurde auch die dahinter gelegene Stube mit erwärmt. Auf der anderen Seite und somit unter dem gleichen Dach befanden sich aus Wärmegründen die Ställe. Aus den ursprünglichen Fachwerkbauten wurden mit der Zeit die typischen, hellen Bruchsteinhäuser aus heimischem Material – damals billig, heute für hochwertige Sanierungen sehr teuer. Fenster- und Türen wurden zudem kunstvoll mit Blaustein eingefasst. An der einen oder anderen Stelle konnten wir auch noch die alten, mit zahllosen Nägeln stabilisierten Türen entdecken sowie die typischen Kreuzstockfenster.

Die Dächer waren ursprünglich mit Naturmaterial gedeckt, aus Brandschutzgründen später verboten. Halbrunde Treppenhäuser wie auch Feuergänge waren teilweise noch zu sehen – schmale Pfädchen, die ein Übergreifen von Feuer auf benachbarte Häuser verhindern sollten.

Die Zeit verging wie im Flug. Am Ende der eigentlichen Führung bekamen wir noch Haus Stockem als Zugabe obendrauf – dazu folgten wir zunächst einem schmalem Heckenweg zu den Wiesen, denen wir eine Weile folgten. Durch ein großes Tor betraten wir die heutige Hofanlage, die 1303 erstmals als die eines Lehnsmannes (Heinrich von Stockheim) des Abtes von Kornelimünster genannt wird. Im hinteren Teil sind noch die Reste eines Wassergrabens zu erkennen, die den darin befindlichen Turm schützten – leider wurde er 1937 abgerissen. Auf den gezeigten Schwarz-Weiß-Fotos waren die charakteristisch hoch gelegenen Fenster erkennbar – im Falle eines Angriffs konnte man einfach die Leitern einziehen und sich somit um Turm verschanzen (daher das Sprichwort „Türmen“).

Wanderung Schlangenberg

Die eifrigsten 9 Wanderer nutzten das schöne Wetter, um anschließend vom Parkplatz Waldschenke (die seit Jahrzehnten zwar nicht mehr existiert, aber weiterhin offiziell als Namensgeber fungiert) mit einer kürzeren Tour um den Schlangenberg den Tag ausklingen zu lassen. Da wir etwas zu spät ankamen, hatten wir die dort wartenden Wanderer verpasst – das nächste Mal also mit Anmeldung und Austausch von Telefonnummern. Entschuldigung!

Nach einer Mittagspause auf dem Parkplatz liefen wir zunächst durch den angenehm schattigen Wald, parallel zur in dieser Jahreszeit weder sicht- noch hörbaren Landstraße. Offenes Gelände erreichend, wanden wir uns zunächst leicht abwärts laufend nach rechts, um in Sichtweite der Straße linkerhand schon den Schlangenberg zu erblicken. Beim Aufstieg konnten wir zahlreich blühende Wildblumen erblicken, unter anderem rot-violette Orchideen. Nach dem tollen Ausblick auf das Magerrasengebiet, durchsetzt mit zahlreichen Windflüchter-Kiefern, stiegen wir in derselben Richtung ab, umrundeten den Berg weiter und fanden kurz vor dem erneuten Waldeintritt eine recht große Stelle zierlicher, charakteristisch gelb blühender Galmeiveilchen. Die Ritahütte am Anglerteich voraus, nutzten wir den Abzweig nach rechts und liefen nun eine Zeitlang am Waldrand mit freiem Blick auf die leicht hügelige Landschaft weiter. An der tiefsten Stelle im Gelände ging es zurück durch den Wald, an der Michaelhütte nach links, kurz darauf einen schmalen Pfad durch den schattigen Wald bis zum Weiher nutzend. In Sichtweite ein übergroßes Insektenhotel, wo wir eine weitere kurze Rast einlegten. Diesem Weg weiter entlang hoher, hellgrüner Farne folgend erreichten wir kurz darauf linker Hand den Parkplatz.

Diana Hofmann

Wissenswertes aus Wikipedia

Das gesamte Naturschutzgebiet Schlangenberg befindet sich auf einem Kalksteinrücken, der vor ca. 400 Millionen Jahren abgelagert wurde. Durch geologische Verschiebungen gelangte der devonische Kalkstein an die Erdoberfläche, fiel jedoch größtenteils der Erosion zum Opfer. Vor ca. 200 Millionen Jahren drangen wässrige Erzlösungen in den porösen Kalkstein ein, es bildeten sich die Primärerze Zinkblende, Markasit und Bleiglanz. Da es sich bei diesem Eindringprozess um Lösungsschübe handelte, entstanden bei den Erzen des Schlangenberges schalige Erzstrukturen, so genannte Schalenblenden. Durch Metasomatose verwitterte das oberflächlich lagernde Erz zum Sekundärerz Galmei, welches hauptsächlich aus Zinkspat ZnCO3 besteht.

Vermutlich hatten bereits die Kelten mit dem Schürfen der Erze begonnen. Gesichert ist die Besiedlung des Gebietes durch Kelten und Römer. 25 Münzfunde aus der Zeit von ca. 100 v. Chr. bis 92/93 n. Chr. stammen von den Aduakern und Römern. Außerdem wurden Mauerreste römischer Gebäude an mehreren Stellen des Ortes entdeckt. Es kann inzwischen mit Sicherheit gesagt werden, dass Römer in den Jahren 100 bis 400 n. Chr. im Gebiet des heutigen Breinigerberg/Schlangenberg Erz abbauten.

Im 18. Jahrhundert besaßen die in Stolberg ansässigen Kupfermeister ein Monopol in der europäischen Messingherstellung. Dieses begründete sich darin, dass die Gewinnung dieser Legierung 2 Volumina Galmeierz sowie 1 Volumeneinheit Kupfererz, das hauptsächlich aus dem Harz bezogen wurde, erforderte. Aufgrund der problematischen Transportsituation in der damaligen Zeit entschied der geringere Transportaufwand somit über den Standort der Legierungsherstellung.

Vor 1800 wurde ausschließlich durch oberflächlichen Erzabbau in Pingen Galmeierz im Bereich des Schlangenberges geschürft. Das speziell zink-, blei- und cadmiumhaltige Erz wurde hierbei über weite Bereiche verteilt und die gesamte Schlangenbergregion zerfurcht und mit dem toxischen Metall kontaminiert.

Ab 1800 ermöglichte die fortgeschrittene Technik tiefer liegende Erze zu gewinnen. Man begann den Abbau in Teufen bis zu 105 Meter, da man durch Pumpenschächte und Wasserhaltungsstollen das Grundwasser in den nahe liegenden Vichtbach ableiten konnte. Zwischen 1850 und 1860 entstand ein frühindustrielles Grubenfeld, das zu Beginn dem Eschweiler Bergwerksverein, der Stolberger Gesellschaft sowie der Allianz Anonyme Gesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb bei Stolberg gehörte. Im Jahre 1853 wurde eine für die damalige Zeit sehr moderne Aufarbeitungsanlage errichtet. Ab 1856 erhielt die Eschweiler Gesellschaft komplett die Eigentumsrechte.

Im Laufe der Zeit wurde das gesamte Gebiet von Schächten untertunnelt. Nach 1870 verarmte die Grube, da die von ca. 700 Mitarbeitern, darunter 200 Hauern erreichten bis zu 6.600 Jahrestonnen Förderung das Erzfeld erschöpfen ließ. Der Abbau wurde während des Deutsch-Französischen Kriegs im Jahre 1871 eingestellt, 1881 jedoch noch einmal begonnen, 1883 aber endgültig aufgegeben.

Bis 1915 befand sich auf dem Gelände des Schlangenberg jedoch noch ein Förderturm zur Gewinnung von schwefelhaltigem Eisenerz. Man verwendete dieses zur Gewinnung von Schwefelsäure. Erst 1921 wurde der letzte Rest der Grubenanlage abgerissen. Die jahrelangen Arbeiten hinterließen aufgrund des fehlenden Umweltbewusstseins eine toxische Industriebrache ohne Renaturierung, so dass die Natur sich selbst überlassen blieb.

Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Gelände bis 1993 als Übungsplatz. Zuerst nutzten es belgische Truppen, später die Bundeswehr. Beide setzten teilweise schweres Gerät ein, dessen Einwirkungen auf das Gelände noch heute erkennbar sind.

Das Gebiet wurde im Jahre 1975 unter Naturschutz gestellt.

Um eine Bedrohung durch übermäßigen Bewuchs mit Kiefern einzudämmen wurden im Jahre 2011 circa 6.000 Kiefern gefällt. Lediglich einzelne Exemplare blieben erhalten. Durch diese Maßnahme entstand im südlichen Bereich eine große offene Fläche mit Magerrasen, Gebüsch und Gewässern. Eine jährliche kurzzeitige Beweidung mit Schaf- und Ziegenherden stellt sicher, dass das biologische Gleichgewicht erhalten bleibt.

Flora

Der kalkhaltige Boden des Naturschutzgebietes Schlangenberg enthält große Mengen Zink, Cadmium und Blei. Die hohe Toxizität erlaubt es nur wenigen Pflanzenarten hier zu wachsen. Es entstand eine eiszeitlich alpine Reliktflora als Refugialbiotope der endemischen Galmeiflora.

Neben dem ursprünglich weltweit nur im Naturschutzgebiet Schlangenberg vorkommenden Gelben Galmeiveilchen (Viola calaminaria) sind die zu den Bleiwurzgewächsen gehörende Galmei-Grasnelke (Armeria maritima ssp. elongata), das im März und April blühende Galmei-Täschelkraut (Thlaspi calaminare), das blau-grüne, borstiges Gras Galmei-Schaf-Schwingel oder Aachener Galmei-Schwingel (Festuca aquisgranensis), das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris ssp. humilis) sowie die trotz ihres Namens bis in den Herbst hinein blühende Galmei-Frühlings-Miere (Minuartia verna ssp. hercynica) zu nennen. Auf dem nordwestlichen Teil des Naturschutzgebietes existiert ein Waldmeister-Buchenwald. An verschiedenen Stellen des Naturschutzgebietes befindet sich Orchideen-Buchenwald, ein Biotop für teils seltene Orchideen. So wächst hier die intensiv nach Vanille riechende Braunrote Stendelwurz (Epipactis atrorubens), die Vogel-Nestwurz (Neottia nidus-avis) und die unter den Namen Weißes Waldvöglein bekannte (Cephalanthera damasonium). Auf den Magerrasen sind weitere, selten gewordene Orchideen anzutreffen, wie z. B. das Kleine Knabenkraut (Orchis morio), die Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) und die Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera).

 

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Fotos: K. Heidtmann, B.Klinkenberg.  Zusammenst./Aufber.: K. Heidtmann

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