Wettermäßig als Glücksfall erwies es sich, dass die letzte Wanderung des Jahres erst um 11 Uhr begann. Zu dieser Zeit hatten die heftigen Regenschauer bereits aufgehört und unter fast blauem Himmel begleiteten 25 Wanderfreunde WF. Helga Giesen auf er ca. 10 km langen Tour durch drei Länder. Unterwegs gab es einige interessante Punkte zu sehen, kurze Erläuterungen zu den im Text
fett markierten Stationen finden sich unten.
Vom Parkplatz am Wilhelminaturm führte der Weg zunächst abwärts in Richtung Vaals. Hier bot sich ein fantastischer Weitblick auf Aachen vom Lousberg über das Klinikum bis zum Schneeberg und in der Ferne bis zu den Halden von Alsdorf. Am Türmchen Beeck begann der Geusenweg, ein enger Hohlweg, der unterwegs den Blick freigab auf Gut Reinartzkehl und den Gemmenicher Tunnel. Über den Königsweg ging es dann wieder bergauf und bevor im Windschatten des Baudouinturms die wohlverdiente Mittagrast eingelegt wurde, warfen die Wanderer noch einen kurzen Blick auf das Denkmal Pierre Roiseux.
Die zweite Etappe startete am Dreiländereck, das zeitweise zusammen mit Neutral-Moresnet ein Vierländereck war und das zugleich auch die höchste Stelle der Niederlande markiert. Am belgischen Grenzpfahl Nr. 1 berichtete die Wf. über den von den Deutschen während des 1. Weltkriegs errichteten Todeszaun, von dem die Meisten noch nie etwas gehört hatten.
Ein schmaler Wanderweg führte genau auf der niederländisch-deutschen Grenze entlang noch einmal etwas abwärts und am Bike-Park Dreiländereck wieder aufwärts, Anschließend ging es auf der anderen Seite vom Grenzpfahl Nr. 1 auf einem ebenso urwüchsigen Weg exakt auf der belgisch-niederländischen Grenze zum Grenzpfahl Nr. 2. Durch die Bäume war rechts das Wiesenstück zu erkennen, das bis 1926 ein Flugfeld war, nach links ging der Blick in Richtung Gemmenich. Ein letzter Aufstieg führte schließlich zum Wilhelminaturm zurück. Mit Waffeln vom Stand der Eifelvereins-Jugendgruppe und anderen Leckereien wie Glühwein fand die Wanderung auf dem Roetgener Weihnachtsmarkt einen gemütlichen Abschluss.
Wilhelminaturm
1905 erbaut, nach damaliger Königin benannt. Im zweiten Weltkrieg zerstört, 1951 durch die Stadt Vaals wieder aufgebaut und 2011 von privaten Investoren durch einen Neubau mit spektakulärem Skywalk in 34 Metern Höhe ersetzt. Nahe dem Wilhelminaturm befindet sich ein Fliegerdenkmal, das an den Absturz einer Fokker im Jahr 1932 erinnert, die beiden Piloten kamen ums Leben, Denkmal mit Original-Propeller 1933 errichtet
Türmchen Beeck
Einer von ehemals acht Türmen am äußeren Landgraben, der das Aachener Reich umgab. Mit Forstbeamten besetzt, die gleichzeitig Wachaufgaben hatten. Standen alle mit Langem Turm in Verbindung, Signale bei Gefahr. Noch fünf erhalten, z. Bsp. Alt-Linzenzhäuschen.
Aachener Reich bezeichnet ein Gebiet, das vom Mittelalter an bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die Freie Reichsstadt Aachen sowie ihre nähere Umgebung außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer umfasste.
Gemmenicher Tunnel
Auch Botzelaertunnel genannt. 1872 erbaut, 870 Meter lang, dient dem Güterverkehr zwischen Aachen und Welkenrath. Nach dem Krieg auch als Schmuggelroute genutzt.
Geusenweg
Im 16. bis 18. Jahrhundert von Protestanten genutzt, z. Bsp. aus Eupen oder Kelmis ca. 20 km. In Vaals freie Religionsausübung. In dem nur ca. 250 Einwohner zählenden Ort gab es vier Kirchen der unterschiedlichen Richtungen, unter anderem die heute als Kulturzentrum bekannte Kopermolen. Ein Hohlweg verband den Geusenweg mit Gut Reinartzkehl (Lehnsgut des Marienstiftes in Aachen), der nach dem Krieg als „Kaffeegasse“ bekannt wurde.
Königsweg
Wald bot wertvolle Ressourcen (Nahrung für Mensch und Vieh, Brennholz), deshalb immer Streit unter umliegenden Nutzern. 1611 Vertrag zwischen der Reichsstadt Aachen und der Regierung in Brüssel, der ein ca. 250 ha großes Gebiet unter die Verwaltung der Herzöge von Burgund stellte, das seitdem als Königswald bekannt ist im Gegensatz zum umliegenden Gemeindewald. Die Waldstücke wurden durch „Burgundersteine“ gegeneinander abgegrenz., einige aus mehreren Jahrhunderten sind noch erhalten, unterschiedlich je nach Zeit, spanische Regentschaft im 17., österreichische im 18. Jahrhundert, ab Ende des 18. Jahrhunderts auch aus der Franzosenzeit.
Denkmal Pierre Roiseux
Belgischer Kriegsfreiwilliger, diente in amerikanischem 6. Füsilierbatallion, das dem „glorreichen“ VII. Korps der 1. amerikanischen Armee unterstellt war. Trat hier am 25.12.1944 auf eine Mine, wurde nur 20 Jahre alt. Das kleine Steindenkmal wurde von seinen Eltern aufgestellt, die große schwarze Marmortafel erinnert an andere belgische Kriegsfreiwillige, die in den alliierten Armeen dienten. Der umfangreiche Text enthält auch eine Würdigung von Eisenhower.
Baudouinturm
Belgisches Gegenstück zum niederländischen Wilheminaturm, 1998 eingeweiht, schon ab 1970 gab es einen hölzernen Aussichtsturm
Dreiländerpunkt – Höchster Punkt der Niederlande 322,5 Meter
(bis 2010, jetzt mit 877 m auf der Insel Saba, seitdem sich dieser Teil der Niederländischen Antillen für den Beitritt zu den Niederlanden entschlossen hatte)
Nach Napoleon wurde Europa auf dem Wiener Kongress neu geordnet, betraf auch die Grenze zwischen Niederlanden und Preußen, Belgien als Staat gab es noch nicht. Streit um Gebiet um den Altenberg wegen der reichen Galmeivorkommen. Es entstand am Reißbrett Neutral-Moresnet unter gemeinsamer Verwaltung, Von 1816 bis 1830 Dreiländereck, dann mit Belgien bis zum Versailler Vertrag 1919 Vierländereck.
Todeszaun
Amtlich „Grenzhochspannungshindernis“, im Volksmund „de Draat“: Von Deutschland 1915 errichtet, um Belgier an der Flucht über die neutralen Niederlande nach Frankreich und England zu hindern. Flucht teilweise wegen deutscher Massaker, aber auch, um sich als Kriegsfreiwillige den alliierten Armeen anzuschließen (siehe Denkmal Pierre Roiseux). Auch Schmuggler und Agenten nutzten diese Grenze.
Beginn im Vaalserquartier am Grenzpunkt „Kleng Wach“, ca. 1,8 km bis hier zum damaligen Vierländerpunkt – belgischer Grenzpfahl Nr. 1 – in Richtung Baudouinturm, entlang der Grenze Richtung Schimpersbosch bis zum Grenzpfahl 369 bei Cadzand, Länge ca. 180 km. Drei Zäune mit dazwischen liegenden Patrouillengängen, von denen der mittlere unter Strom stand. Trotzdem verließen ca. 20.000 Kriegsfreiwillige Belgien, auch Lebensmittel und Post wurden weiterhin geschmuggelt. Teils abenteuerliche Methoden bis hin zum Stabhochsprung, viele Todesopfer, geschätzt bis zu 3000. Denkmal in Sippenaaken. Heute keine Überreste mehr, Draht wurde nach dem Krieg z. Bsp. für Weidezäune genutzt.
Helga Giesen
Fotos: H.Baumsteiger, B.Klinkenberg. Streckenaufz. : F. Junk. Zusammenst./Aufber.: K. Heidtmann