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Am letzten Sonntag des wahrhaft „goldenen Oktobers“ waren bei für die Jahreszeit recht warmem Wetter Wetter 18 Wanderfreund*innen unterwegs auf dem Jakobsweg zwischen Kornelimünster und Aachen.

Gestartet wurde an der Reichsabtei, nach gut 11 Kilometern durch Wiesen, Wald und Ortschaften war das Ziel am Dom erreicht. Vor der Rückfahrt mit dem Bus blieb noch Zeit, um in der Sonne sitzend Kaffee oder Eis zu genießen.

Geplant hatte die Tour Sabrina Berger, da sie aber ebenso wie Rolf und Doris am Sonntag verhindert war, hatte Helga Giesen kurzfristig die Führung übernommen. Aufgrund der sehr guten Ausschilderung des Weges mit dem Zeichen der Jakobspilger, der gelben Muschel auf blauem Grund, war dies kein Problem.

Seit dem 10. Jahrhundert zählt Santiago de Compostela neben Rom und Jerusalem zu den drei großen Pilgerzielen der christlichen Welt.

Auf ihrem Weg zum Grab des Hl. Jakobus d.Ä. nutzten die Pilger die gleichen Strecken und Infrastrukturen (Zustand der Straßen, Verpflegungsmöglichkeiten) wie Heeresstraßen und Handelswege, die sich an geografischen und politischen Verhältnissen orientierten, und nutzten dabei auch andere bereits als Pilgerstätten bekannte Orte als Stationen.

Eine dieser Stationen war Aachen. Im Rheinland trafen sich die Pilgerströme aus Norden, Osten und Süden und führten dann in zahlreichen Verästelungen in Richtung Belgien. der Weg durch Belgien ging über Paris und Tours (Grab des Hl. Martin) zu den Pyrenäen (St. Pierre au Pied du Port), wo er Anschluss an das spanische Pilgerwegenetz fand.

Im Buch „Wege der Jakobspilger im Rheinland“ ist in acht Etappen der Weg beschrieben, der von Wuppertal-Beyenburg durch das Bergische Land nach Köln und weiter über Kerpen, Düren und Schevenhütte zur belgischen Grenze bei Aachen führt. Der heutige Weg ist ein Teilstück der der 7. Etappe von der Reichsabtei Kornelimünster zum Aachener Dom.

Nach dem Start wurden die Inde und nach steilem Aufstieg die B258 (Napoleonsberg) überquert. Auf der Oberforstbacher Straße ging es nach einem ersten Stopp am „neuen“ Kloster St. Benedikt hinaus aus dem Ort und rechts ab durch hügeliges Wiesengelände in Richtung der Ortsteile Eich und Hitfeld. Nach ca. 1 km ludt am Wegesrand eine kleine, privat erbaute Kapelle, die zu Ehren der Jakobspilger dem Hl. Jakobus geweiht wurde, zu einer Trinkpause ein.

Am Ortseingang von Hitfeld verließen wir, anstatt auf der Straße weiterzugehen, kurz die ausgeschilderte Strecke des Jakobswegs, um einem zwar etwas längeren, aber schöneren Weg durch den herbstlichen Augustinerwald zu folgen. Zur Mittagpause am Beverbach trafen wir wieder auf die originale Route.

Am nordwestlichen Rand des Waldfriedhofs entlang und durch das parallel zur Karl-Marx-Allee verlaufende Gillesbachtal erreichten wir das Zwischenziel Reichsabtei Burtscheid. Hier hatten wir das Glück, dass die ehemalige Abteikirche, heutige Pfarrkirche, St. Johann Baptist geöffnet war und wir auch einen Blick in das wunderschöne Innere des bedeutendsten sakralen Barockbaus zwischen Rhein und Maas werfen konnten.

Über die steil ansteigende Hauptstraße wurde Burtscheid verlassen und die Straße Krugenofen überquert, die ihren Namen den ehemals hier anliegenden Töpfereien verdankt. Über die Burtscheider Brücke ging es zum Marschiertor. Mit dem Auto umfahren hatte es wohl schon jeder, aber kaum jemand war bisher auch mal zu Fuß hindurchgegangen.

Über die ehemalige „Marschiertorstraße“, die zu Ehren des österreichischen Kaisers, der 1818 anlässlich des Aachener Kongresses in der Kaiserstadt weilte, in Franzstraße umbenannt wurde, führte der Weg weiter in Richtung Münsterplatz.

Unterwegs wurde noch an der Ecke Kleinmarschier-/Elisabethstraße das Kloster der Armen- Schwestern vom Hl. Franziskus (Schervier-Orden) passiert. Die Ordensgründerin Franziska Schervier wurde 1974 von Papst Paul VI. seliggesprochen. Ihre Grabstätte befindet sich hier in der Klosterkirche des Mutterhauses. Da das Gebäude im Moment eingerüstet ist, ist leider das Relief von Franziska Schervier des Mulartshütter Bildhauers Hermann Pier über dem Eingang in der Elisabethstraße nicht zu sehen.

Die Reichsabtei Kornelimünster wurde gegründet 814 von Ludwig d. Frommen und Benedikt von Aniane. Benedikt hatte bereits in seinem Heimatort bei Montpellier um 780 ein Kloster nach den Regeln des Hl. Benedikt von Nursia gegründet. Er wurde Freund und Berater von Ludwig d. Frommen, der als Sohn Karls des Großen zuständig für Verwaltung der aquitanischen Gebiete des Frankenreichs war. Er folgte Ludwig 814 nach Aachen, als dieser die Nachfolge seines Vaters antrat. Gemeinsam gründeten sie ein Kloster, das zunächst als „Monasterium Salvatoris ad Indam“ – Erlöserkloster an der Inde, kurz Inda genannt – bekannt wurde. Ludwig d. Fr. schenkte dem Kloster unter dem Gründungsabt Benedikt von Aniane drei Reliquien aus dem Aachener Domschatz (Schürztuch, Schweißtuch, Grabtuch, ab dem 14. Jh. bis heute bei Heiligtumsfahrt gezeigt). Das Grabtuch wurde 875 geteilt, die eine Hälfte erhielt Karl der Kahle für die Gründung eines Klosters in Compiegne. Zum Ausgleich erhielt das Inda-Kloster u. a. die Schädelreliquie des Hl. Papstes Cornelius. Im Laufe des 12. Jahrhunderts führte die zunehmende Verehrung des Hl. Cornelius zu einer Patronats- und Namensveränderung, das Kloster hieß fortan „Monasterium Sancti Cornelii ad Indam“, womit wir beim heutigen Ortsnamen Kornelimünster sind.

1802 wurde unter Napoleon die Reichsabtei Kornelimünster wie alle Klöster im Rheinland aufgelöst, Die Abteikirche einschl. der Reliquien wurde der kath. Pfarrgemeinde übergeben. Die Kirche haben wir mit Diana besichtigt, sie hat durch die Flut schwere Schäden erlitten. Das Abteigebäude (Residenz) und die dazugehörigen Mühlen- und Brauereigebäude wurden verkauft. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land NRW Eigentümer des barocken Ensembles, das nach unterschiedlichen Nutzungen heute das Kunsthaus NRW beherbergt. In den Nebengebäuden existierte noch bis 1977 eine Tuchfabrik.

Erst 1906 kamen wieder Benediktiner nach Kornelimünster und errichteten ein neues Kloster.

Das neue Klostergebäude wurde 1908 bezogen. 1953 wurde das Kloster zur Abtei erhoben, die Abteikirche zwischen 1951und 1956 erbaut. Von 1948 bis 1988 war im Kloster eine Realschule mit Internat eingerichtet. 2010 wurde der Schul- und Internatsteil an einen Investor verkauft und in Eigentumswohnungen umgewandelt. Im hinteren Gebäudeteil wird der Klosterbetrieb fortgeführt.

Die Reichsabtei Burtscheid war wie Kornelimünster eine reichsunmittelbare Abtei und damit auch ein eigenständiges Territorium des Heiligen Römischen Reiches. Sie wurde im Jahr 997 als Benediktiner-Abtei gegründet. Gründungsabt war Gregor von Burtscheid.

Im Jahr 1220 wurde die Benediktinerabtei aufgelöst und von den Zisterzienserinnen, die zuvor im Salvatorkloster auf dem Salvatorberg in Aachen gelebt hatten, in ein von ihnen betriebenes Stift umgewandelt. Unter der Leitung der Zisterzienserinnen wandelte sich das Kloster mit der Zeit zum adligen Damenstift, in welchem in erster Linie die Töchter des rheinischen und limburgischen Adels untergebracht wurden.

Bei der Aufhebung der Abtei infolge der Säkularisation 1802 wurde das Abteigebäude verkauft, die Kirche selbst verblieb in französischem Eigentum. Als Napoleon1804 in Aachen weilte, konnten die Aachener Katholiken erwirken, dass die Kirche wieder für den Gottesdienst freigegeben wurde. Am Weihnachtstag 1804 wurde das Te Deum und dann das erste Hochamt gesungen. Im Jahre 1806 wurde die Abteikirche zur zweiten katholischen Pfarrkirche Burtscheids erhoben. Der westliche und südliche Teil des Abteigebäudes wurde später von der Gemeinde Burtscheid angekauft und der östliche Teil von der katholischen Stiftung Marienhospital Aachen. In deren neu eingerichteten Krankenhaus übernahm Franziska Schervier, Gründerin des Ordens der Armen-Schwestern vom Heiligen Franziskus, ab 1853 die ambulante Armen- und Krankenpflege.

Gebäude: Nach der Gründung des Klosters wurden zunächst zwei Kapellen erbaut, die um 1015 bzw. 1350 durch größere Kirchen ersetzt wurden. 1736 wurde dann mit einem Neubau der Abteikirche nach den Plänen des Aachener Baumeisters Johann Joseph Couven begonnen. Couven begann zunächst mit dem Bau des Westturms, der sich bis 1741 hinzog. Erst nach langer Pause kam es im Jahre 1748 zum Abbruch der alten Klosterkirche und zur Wiederaufnahme der Bauarbeiten für die neue Kirche, die erst 1754 abgeschlossen wurden.

Über dem großen Rundbogenfenster an der Nordseite befindet sich das Wappen einer Äbtissin das auf rotem Grund einen Schwan im Hirschgeweih zeigt. Es wurde später Stadtwappen von Burtscheid und ist heute noch im Wappen der Städteregion Aachen enthalten.

Neben der Abteikirche St. Johann Baptist wurde nahezu zeitgleich, ebenfalls von J. J. Couven, die Kirche St. Michael errichtet. Sie steht an der Stelle einer bis 1748 als Pfarrkirche (Leutkirche) genutzten Vorgängerkirche, deren Gründungsdatum nicht genau bekannt ist (ca. Anfang/Mitte des 13. Jh.). Die heute im Inneren zu sehende Eichenholzkanzel ist eine Leihgabe des Suermondt-Ludwig-Museums und stammt aus dem Eifeldom Kalterherberg (vom gleichen Schnitzer wie das Treppenhaus im Roten Haus Monschau). Die Kirche war leider geschlossen.

Das Tor zur ehemaligen Abtei Burtscheid wurde im Jahr 1644 erbaut. Es enthielt auch einen Wohnteil. In der Bevölkerung ist das Abteitor auch bekannt als Jonastor, benannt nach einem Gastwirt namens Jonas, der hier ein Wirtshaus betrieben hat. Im Zuge der Säkularisation wurde auch das Tor als Abteieigentum verkauft. Als 1849 Burtscheid von einer Cholera-Epidemie betroffen war, richtete Franziska Schervier hier vorübergehend ein Spital mit fünf Betten ein. Heute befinden sich hier Ferienwohnungen.

Das Marschiertor gehörte, wie das andere heute noch erhaltene Tor, das Ponttor, zu den vier Haupttoren (Ponttor, Kölntor, Marschiertor und Jakobstor) des vom 14. bis zum 15. Jahrhundert errichteten zweiten Stadtbefestigungsrings Aachens.

Das Marschiertor war ein Hauptwaffenplatz. Die ehemals elf Stadttore der damaligen Freien Reichsstadt Aachen wurden von den Freihen Reichsstädtischen Stadtsoldaten und Stadtmilizen bewacht. Im Volksmund wurden die Soldaten Pennsoldaten genannt, was von deren Nebenbeschäftigung, dem Schnitzen dünner Holzstifte (Penn) zur Schuhbesohlung, herrührte. Eine kleine Statue vor dem Tor erinnert daran. Im Laufe der Jahrhunderte diente das Tor u. a. als Obdachlosenunterkunft, Jugendherberge und schließlich HJ-Heim. 1964 überließ die Stadt Aachen das Gebäude der Obhut der Karnevalsgesellschaft Stadtgarde „Oecher Penn von 1857 e. V.“, die es mit einem Einsatz von etwa 5000 Arbeitsstunden durch Vereinsmitglieder sowie mehr als einer halben Million Euro an finanziellem Aufwand durch Spenden wieder herrichteten und zu ihrem „Hauptquartier“ machten.

Der Aachener Kongress hatte drei Jahre nach dem Wiener Kongress das Ziel, nach dem Ende der Napoleon-Ära die monarchisch-konservative Ordnung wieder zu festigen und liberale Tendenzen zu unterdrücken. Es nahmen neben Franz I. der preußische König Friedrich Wilhelm III. und der russische Zar Alexander I. sowie Vertreter Englands und Frankreichs teil.

In Aachen erinnern außer der Franzstraße das Kongressdenkmal, die Kongressstraße, die Alexanderstraße, der Friedrich-Wilhelm-Platz sowie das Gut Kaisersruh an dieses Ereignis.

Quellen:

„Jakobswege – Wege der Jakobspilger im Rheinland“, Band 1, JP Bachem-Verlag

Auf den Spuren der Pilger, Aachener Nachrichten, 29. 3. 2014

Wikipedia

  

Fotos: H.Baumsteiger, B.Klinkenberg.  Zusammenst./Aufber.: K. Heidtmann.